Was Paulinchen nicht lernt, lernt Paula nimmer mehr – Stimmt das?

Nachstehend publizieren wir einen Gastbeitrag von Paula Haas, Marketing Specialist, Bechtle direct AG, Teilnehmerin des ersten Vorbereitungskurses der FfD (Fachschule für Detailhandel) zum eidg. Fachausweis E-Commerce Spezialist:in

Ich bin Paula, 54 Jahre und wollte bzw. bin am Herausfinden, ob dieses Sprichwort zutrifft oder nicht. Gerne nehme ich Euch mit auf meine Reise zurück auf die Schulbank.

Raus aus der Komfortzone

Ich arbeite in einem 60 % Pensum und die anderen 40 % widme ich der nicht aufregenden Hausarbeit. Nach Corona, welche uns allen viele Home Office Stunden ohne Aussenkontakt bescherte, suchte ich nach einer zusätzlichen neuen Aufgabe. Ich war für alles motiviert. So wollte ich mich z.B. mehr sozial betätigen und habe mich bei der modularen Tagesschule beworben. Dort konnte ich ein paar Praxisstunden besuchen. Ihr Kinderlein kommet, aber lieber nicht immer zu mir. Da ich Mutter bin, und endlich die Kids aus dem Haus hatte, war dies nicht die richtige Herausforderung.

Dann habe ich eine Stellenausschreibung als Teilzeitverkäuferin in einem Ballonshop gesehen. Dazu muss ich sagen, dass ich genau für diese Firma vor 23 Jahren im Rahmen meiner SIZ Webpublisher Ausbildung meine erste Website gebaut hatte. Aber leider wurde mir diese Stelle vor der Nase weggeschnappt. Im Nachhinein, zum Glück – denn sonst hätte ich nie meinen ersten Blog geschrieben.

Unverhofft kommt oft!

Dann kam DIE E-Mail – Betreff: Eidg. Fachausweis E-Commerce Spezialist*in

Und da war sie: meine neue Herausforderung für die nächsten 2 Jahre!

Wenn nicht in diesem Leben – wann dann?

Wie bereits erwähnt, beschäftige ich mich seit über 20 Jahren mit dem Thema E-Commerce. Der Stoffinhalt der Ausbildung widerspiegelte viele meiner Tätigkeiten. Zudem war ich sehr überrascht, wie flexibel heute ein Unterrichtsmodell sein kann. Ob am Dienstag, am Donnerstag oder wegen einem spontanen Apéro mit meinen Freundinnen den Unterricht einfach später nachschauen, hat mir sehr in die Karten gespielt.

Die Neugier war geweckt und nach ein paar überzeugenden Telefonaten mit Roland Gerber habe ich mich kurzfristig angemeldet.

Wer nichts wagt, der nichts gewinnt – back2school

Jetzt gab es kein Zurück mehr. Der erste Schultag rückte rasant näher. Es hiess, raus aus der Komfortzone und rein in die neue Situation. Ich muss zugeben, ich war schon etwas nervös, als ich in den Zug nach Zürich stieg und die Treppe zum Klassenzimmer hoch ging. Nach vielen Jahren wieder einmal in einem Klassenzimmer Platz zu nehmen, erfüllte mich aber auch mit ein bisschen stolz. Schnell merkte ich, dass die anderen Schüler ca. halb so alt wie ich waren. Wo ich sass, konnte man sofort erkennen. Alle hatten nur das Notebook vor sich platziert und fingerten mühelos über den Touch Screen, um sich einzurichten. Das Bedienen vom Touchpad habe ich nie richtig in den Griff bekommen. Bei mir lag auf der linken Seite zusätzlich meine Maus. Ich muss dazu sagen, dass man uns damals in einem Computerkurs lehrte: «Wer rechts stenografiert, muss die Maus links nehmen, damit man immer schnell wechseln kann.» Das habe ich bis heute durchgezogen. Unter uns gesagt, am liebsten hätte ich sogar auch meinen Monitor und mein Tastaturset mitgenommen, um noch flinker zu sein.

Die ersten Zwischenprüfungen stehen an

Zwischenzeitlich ist ein halbes Jahr vergangen und ich bereite mich akribisch auf die Zwischenprüfungen vor. Im Gegensatz zu meinen jüngeren Schulkollegen, welche die digitalen Programme zur Vorbereitung nutzen, bin ich nach alter Schule auf der analogen Welt unterwegs. Ich schreibe die Begriffe auf Flashcards und schiebe sie von einer Seite zur anderen. Mit dem Alter schwindet die Kraft des Gedächtnisses, deshalb bleiben viele Karten länger auf dem «Kann-ich-noch-nicht-Stapel» liegen. Jetzt verbleiben noch ein paar Tage bis zur Prüfung. Bis dann darf keine Karte mehr übrig sein. Schlussspurt übers Wochenende und dann muss alles sitzen.

Für mich ist klar, ich möchte mich so gut wie möglich vorbereiten, damit ich mit der Voraussetzung an die Prüfungen gehen kann, mein Möglichstes im Vorfeld gegeben zu haben. Sollte dies nicht reichen, muss ich mir eingestehen, dass ich dieser Herausforderung doch nicht ganz gewachsen bin.

Nach über 30 Jahren wieder Prüfungsstress pur

Alle haben sich ihren Platz ausgesucht und warteten gespannt auf die Verteilung der Prüfungsblätter. Ich hatte eine minimalen Altersvorteil: Meine letzte Prüfung musste ich auch noch handgeschrieben abgeben. Was für viele meiner Schulkollegen:innen eine neue Herausforderung war und sie nachher über Blasen am Zeig- oder Mittelfinger klagten.

Es ging los. Ich kann mich nicht erinnern, wann mein Gedächtnis innerhalb von 90 Minuten auf einer so unglaublich hohen kognitiven Leistungsfähigkeit funktionieren musste. Die Zeit war für alle ein grosses Problem. Langes Überlegen oder ein bisschen «easy going» kam nicht in Frage. Man musste sein Gelerntes innerhalb von Sekunden abrufen, vernetzen und logisch zu Blatt bringen. Dabei kam mir immer wieder der Spruch von Marco Odermatt in den Sinn: Go, Go, Go! so absolvierte ich eine nach der anderen Modulprüfung in einer Ausnahmesituation. Trotz extrem hohen Stress, überwiegte danach das positive Gefühl, von wiedermal so richtig gefordert worden zu sein, im Übermass. Um so glücklicher war ich, als ich das positive Resultat von allen bestanden Prüfungen erhalten habe.

Fazit:

Rückblickend war ich sicher etwas übermotiviert, mich so spontan für eine 2-jährige Ausbildung auf diesem hohen Niveau anzumelden. Trotzdem bereue ich es keine Sekunde diese Herausforderung angenommen zu haben. Sicher benötige ich für gewisse Aufgaben oft mehr Zeit als meine jüngeren Schulkollegen. Sie sind vertrauter mit den digitalen Medien und agieren schneller und agiler mit dem Internet. Dafür bringe ich einen grossen Strauss an beruflichem Wissen und Erfahrungen mit und kann die Zusammenhänge im gesamten besser erkennen. Ob jung oder alt, wir gehen den Weg gemeinsam und erleben auch nebst dem Unterricht unvergessliche Stunden.

Was Paulinchen nicht lernt, lernt Paula nimmer mehr?

Stimmt so nicht ganz:

Paula kann alles lernen, einfach mit einem bisschen Mehraufwand.

Angespornt von meinem persönlichen Motto: « Wer nichts weiss, muss alles Glauben.» verfolge ich mein Ziel mit all’ auf mich wartenden Hürden zielstrebig weiter.

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